Ich habe mir zum letzten Juniwochenende ein verlängertes Wochenende genommen und bin in die Heimat gefahren. Am ersten Tag habe ich bereits den Beerberg erkundet. Am zweiten Tag wollte ich nun zwei Orte aufsuchen die, nicht weit voneinander entfernt, um meine Heimatstadt liegen. Da ich an beiden Stellen so viele und völlig verschiedene Pflanzen fand, werde ich beide Orte getrennt vorstellen. Nach dem Glückstahl ging es als zweites zum Herrenberg.
"Am Herrenberg" so heißt das Gewerbegebiet. Ich ließ mein Auto auf dem Parkplatz stehen. Diesmal lief ich nach Norden, geschätzte 300 Meter, und schon war ich an besagtem Gewerbegebiet. Direkt daran grenzte die Fläche die ich erkunden wollte.
Als Kinder haben wir hier manchmal gespielt. Wie die Fläche entstanden ist kann ich nur spekulieren. Auf der einen Seite Grenzen die Gebäude. Auf der anderen Seite verläuft ein ausgebauter Weg und dann beginnt ein Fichtenwald. Gekennzeichnet ist die Fläche von einem schwachen Bewuchs. Es gibt keinen dichten Grasteppich. Überall schauen Steine aus dem Boden. Die Fichten auf dieser Fläche wachsen sehr langsam. Die Nadeln sind hellgrün und kurz. An einigen Stellen sind sie aber so weit gewachsen das mir der Unterschied zu meiner Kindheit auffiel. Stellenweise war es so dicht geworden das ich nicht genau weiß wo ich lang gelaufen bin. An andern Stellen wachsen bis heute keine Bäume. Einige Stellen sind sehr feucht, gut zu erkennen am Torfmoos. andere Stellen wirkten trocken, trotz Regen in der letzten Nacht. Diese kargen Bedingungen schaffen eine Heimstadt für so viele seltene Arten, wie ich es kaum glauben konnte. Und wieder kann ich nur einen kleinen Einblick geben.
Darunter waren drei verschiedene Bärlappgewächse. Am häufigsten fand ich den Keulen-Bärlapp. Gut zu erkennen an seinen kriechendem Spross und seinen gestielten Sporenträgern. Diese Art gilt als gefährdet. Weniger gefährdet ist der Sprossende Bärlapp. Seine Sporenträger sind nicht gestielt. Von dieser Art fand ich aber nur ein Exemplar. Der dritte Bärlapp war der gewöhnliche Flachbärlapp. Diese zählt zu einer anderen Gattung. Die Blätter liegen schuppenförmig am Spross. Diese Art gilt schon als stark gefährdet.
Ich war erfreut das ich Wintergrün fand, und erstaunt als ich drei verschiedene Arten fand. Als erstes entdeckte ich das Birnengrün -früher wurde es zum Wintergrün gezählt-. Es wuchs am Wegesrand, nur auf einem recht kurzem Stück, dort aber sehr zahlreich. In einigen Bundesländern gilt sie als gefährdet. Auf der gesamten Fläche verstreut fand ich immer wieder kleine Grüppchen des kleinen Wintergrüns. Man achte auf den kurzen Griffel der Blüte. Auch sie ist in vielen Bundesländern gefährdet. Die dritte im Bunde war die rundblättrige Wintergrün. Ihr Griffel ist lang und nach unten gebogen. Sie ist noch seltener und gilt in ganz Deutschland als gefährdet.
Zwei Binsen fielen mir ins Auge. Eine war die Faden-Binse. Sie erinnert an eine Flatterbinse nur in klein. Auch ihr Blütenstand ist Blütenärmer. Ich fand sie bloß an einer Stelle, wuchs dort aber auf mehreren Quadratmetern locker rasig. In vielen Bundesländern gilt sie als gefährdet bis stark gefährdet. Die andere Binse war die zarte Binse. Sie ist ein Neophyt. Ich fand sie auf nur einer Rasenfläche locker verteilt.
Auch Orchideen fand ich, fünf verschiedene Arten. Etwas überrascht hat mich die Anwesenheit des Zweiblattes. Mir wurde immer gesagt sie mag eher basenreiche Böden, mir wurde aber auch immer gesagt die Böden in dieser Gegend seien eher sauer. Das Zweiblatt wuchs nur am Wegesrand (vielleicht hat das Wegematerial den Boden für das Zweiblatt optimiert?) einzeln aber zahlreich, jeden Meter stand mindestens ein Zweiblatt. Ebenfalls am Wegesrand fand ich die braunrote Stendelwurz. Sie wuchs auch vereinzelt aber schon deutlich seltener. Eine Orchideenart kann ich leider nicht bestimmen, sie hat noch nicht geblüht. Sie war sehr zahlreich, aber weit verstreut. Und wo wuchs sie? Am Wegesrand! Wenige Meter Abseits vom Weg, fand ich die Fuchssche Fingerwurz. Sie wuchs nur auf wenigen Quadratmetern mit geschätzt 20 Exemplaren. Die Fingerwurz wuchs nur an den Stellen wo das Gras nicht dominierte. Nur eine Orchideenart fand ich auf der kargen Fläche. es war auch ein Fingerwurz, die breitblättrige. auf vielleicht 2 Quadratmetern wuchsen etwa ein dutzend von ihr, mehr fand ich nicht. Leider war es schon so gut wie verblüht, hat aber Samenkapseln angesetzt. Vielleicht werden es mit den nächsten Jahren mehr.
Alle Orchideenarten stehen unter Schutz.
Schon lange wollte ich mal eine Augentrost finden. Hier war es nun soweit. Sie ist kleiner als erwartet, und die richtige Art zu bestimmen schwerer als gedacht. Aber ich denke ich fand hier eine Wiesen-Augentrost. Augentrost ist ein Halbschmarotzer und parasitiert Gräser. In den meisten Bundesländern wird sie als gefährdet bis stark gefährdet eingestuft.
Am Wegesrand wo das Gras kräftiger wuchs sah ich vereinzelt ein paar scharfe Berufskräuter wachsen. An einer Stelle wuchs reichlich ein Fingerhut mit gelben Blüten. Diese Art gilt in einigen Bundesländern als gefährdet. Und zu guter Letzt entdeckte ich einen Klee mit rötlichen Blüten. Ein Schwedenklee, wie sich zeigte. Er ist ein weit verbreiteter Neophyt aber keines Wegs invasiv.
All diese seltenen Pflanzen einmal live zu sehen war atemberaubend, und dann noch so viele auf kleinem Raum. Auf dem ganzen Areal kam ein Highlight nach dem anderen. Ich frage mich ob es sich lohnt diese Fläche unter Naturschutz, oder ähnlichen Schutz, zu stellen?

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